1963 Sippenführer Sippe Puma Fahrt mit Sippe Puma Richtung Tüttendorf, Hochbrücke, Marschzahl 12 Fahrt Raisdorf, Passade, Schnee und Eis, Marschzahlwandern 31.1. In die Lochkartenstelle der Landesbank Skilaufen auf der Krusekoppel - Truppführertreffen 6.3. - 2.4. Sparkassenlehrgang in Bordesholm Trupptreffen, Arbeit am Kutter 21.4. Wassern des Kutters und Fahrt nach Mönkeberg Familientag - Modenschau Oma 18. - 19.5. Gaufahrt nach Tetenhusen 25.5. Bootstaufe 1. - 3.6. Pfingstlager in Tetenhusen Fahrt nach Berlin (Berufsschule?) - Bootsfahrten - Truppfahrt 10.7. In die Wertpapierabteilung der Landesbank 13.7.- 4.8. Kutterfahrt nach Dänemark, Gelting, Sonderburg, Alsen 4.8. wohnen in Heikendorf (Umzug hat während der Kutterfahrt stattgefunden) 5.8. Erste Kontaktaufnahme mit Günther Sander wegen Zusammenarbeit der Stämme Goten und Burgunder 21.8. IHK-Prüfung, 28.8. Vorstandsprüfung, 12.9. mündliche Prüfung Treffen mit Günther Sander - Stammes-Diaabend - Elternabend 27.9. - 5.10 Truppführerlager in Noer mit Günther Sander - Trupptreffen 10.11. zum Jungfeldmeister ernannt 16.-17.12. Stammesgründung tom kyle - Trupp Goten und Burgunder 1.12. Boot aus dem Wasser 21.22.12. Stammesfahrt nach Nehmten |
Die
Texte zu diesem Jahr 1963 wurden im Juli des Jahres 2009
geschrieben.
Die
Pfadfinderei zog mich mehr und
mehr in ihren Bann. Das hatte
verschiedene Gründe. Zum einen gab es dort einen Personalmangel an
etwas älteren Führern. Besonders Jens Franzen, der zur
Bundeswehr musste, versuchte mich stärker einzubeziehen und dazu
zu bringen, Führungsaufgaben zu übernehmen. Eigentlich war
ich schon etwas zu alt für einen Einstieg, um von "ganz unten" den
Aufstieg zu beginnen. Dennoch musste ich mich erst als
Sippenführer bewähren, die normalerweise vielleicht 16 Jahre
alt sind, ich war aber schon 19 Jahre alt. Die Bewährungszeit war
kurz, und bald wurde ich schon zu Höherem berufen. Dabei mangelte
es mir nach wir vor an "waldläuferischen" Qualitäten. Aber
schon 1963, in der Embryonalphase der 68-er-Bewegung, gab es schon eine
leichte Hinwendung zu anderen Qualitäten moderneren Inhalts wie
"Teamfähigkeit" oder auch eine gewisse Öffnung zu mehr
"geistiger Pfadfinderei" und Experimentierfreudigkeit im demokratischen
Sinn. In dem Bereich war ich weitaus lernfähiger als im Bereich
dieser Waldläufer- und Überlebenstechniken in der Natur. Dass
ich zur Pfadfinderei "gezogen" wurde, war jedoch nur nur eine Seite.
Ich selbst hatte auch aus mehr oder minder bewussten Motivationen
heraus ein eigenes Interesse.
Es war der Wunsch, der
häuslichen Enge meines Elternhauses zu
entfliehen und unter Leute zu kommen und in die Welt hinauszukommen.
Bisher kannte ich nur die ehemalige Schulklasse und einige Freunde und
jetzt einige Lehrlings-Kollegen an der Bank. Mit denen konnte ich nicht
immer viel anfangen, und ich war auch nicht immer sonderlich gefragt.
Bei den Pfadfinder war ich gefragt, man brauchte mich, zunächst
für die Kassenführung, und es gabe eine
feste Gruppenstruktur, in die ich eingefügt war und in der ich
meine Aufgaben hatte. Das verschaffte mir Befriedigung. Dazu kam
das Interesse an Unternehmungen in der Natur, Wanderungen, Fahrten und
Zelten. Durch meine Tante Käthi und meine Großmutter
Charlotte Warnecke war ich
auf den bei ihnen üblichen Wochenendausflügen damit in
Berührung
gekommen. Mir gefiel auch, die Einfachheit des Lebens in der Natur,
wenngleich ich auch auch nicht so hart im Nehmen war wie viele andere,
die
weniger Probleme mit den einfachen Toiletten hatten oder die unter
einfachen Umständen auch gut einschlafen konnten.
Während ich von zu Hause aus eigentliche keine geistige Anregung bekam, war das
bei den Pfadfindern anders. Weder meine Mutter und erst Recht nicht
mein
Stiefvater sprachen mit mir über Themen, die über das
alltägliche.über den, wie man heute sagen würde
"smalltalk" hinausgingen. Bei den Pfadfindern gab es einige
ältere Studenten, die Philosophie oder Germanistik studierten, zum
Beispiel Jens Franzen, Stefan Fiege oder Peter Pott. Sie brachten mir
Inhalte näher, die mir sonst verschlossen geblieben
wären.
Aus heutiger Sicht ist noch der homoerotische
Gesichtspunkt zu erwähnen, der mir damals als solcher nicht
bewusst gewesen ist. Ich fühlte mich wohl unter Jugendlichen und
jungen Männern. Körperlichkeit, Bewegung, enges
Zusammenleben, etwas gemeinsam erleben und erfahren, sportliche
Wettkämpfe, das gefiel mir. Homoerotik oder gar
Homosexualität waren jedoch nie Thema, und ich erinnere auch
nicht, jemals entsprechende Gefühle gehabt zu haben, die sich zum
Bespiel speziell auf eine Person gerichtet hätten. Das kam erst
etwas später. Ohnehin hat ich von sexuellen Dingen keine Ahnung
und auch noch kaum Erfahrung, einmal von der Masturbation abgesehen,
die ich allerdings schon sehr früh, vor der Geschlechtsreife,
betrieb.
Bedenkend, dass ich 1963 schon 20 Jahre alt war, ist festzustellen, dass es mir an Bildung und Reife stark
mangelte, ich glaube, sogar im Verhältnis zur damaligen
Zeit, in der die Entwicklung ohnehin langsamer verlief als es jetzt im
Jahre 2009 im Hinblick auf Jugendliche der Fall ist. Ich wurde auf die
Realschule geschickt, machte einen mäßigen Abschluss, dann
auf eine Handelsschule und dann in eine Banklehre gesteckt. An den
Entscheidungen war ich kaum beteiligt. An meiner Bildung war niemand
interessiert oder in der Lage, sie zu fördern. Musik, Literatur,
Malerei - Fehlanzeige. Geschichtliches oder politisches Wissen war so
kurz nach dem Dritten Reich nicht anzutasten. Naturwissenschaften und
vor allem Technik waren anerkannt, aber ich wurde ihm Hinblick darauf
als nicht talentiert eingeschätzt, im Gegensatz zu meinen
Halbbrüdern. Man ging mit uns weder auf Reisen, noch ins Theater,
Galerien oder Museen. Selbst die Kultur des Kochens und Essens wurde
nicht gepflegt. Nudeln mit Tomatensoße reichten meistens.
Festlichkeiten wie zum Beispiel Konfirmationen blieben im
Konventionellen stecken. Religiöse Interessen oder gar
Diskussionen
gab es nicht. Aber das Jahr 1963 stellte einen Wendepunkt dar.
Ich begann, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Spät, und
im Hinblick besonders auf die Bildung, zu spät.
Bemerkenswert sind noch weitere Voraussetzungen, die ich von zu
Hause mitbrachte, und die nicht gegen
pfadfinderische Ideen standen, sondern sie im Gegenteil noch
beförderten. Das eine war der frugale, einfach Lebensstil, den ich
zu Hause erfahren hatte. Vieles stand unter dem Zeichen der
Sparsamkeit, aber nicht nur aus dem Grund. Alles aufgeputzte,
elaborierte oder kulturell verfeinerte stand nicht hoch im Kurs. Das
war auch die kulturelle Lage bei den pfadfinderischen Unternehmungen.
Die materiellen Ansprüche
wurden
einfach gehalten. Aber die geistigen
Ansprüche sollten gesteigert werden. Letzteres war allerdings neu
für mich, denn das Geistige hielt man zu Hause auch für
überflüssig. Abgelehnt wurde ferner all jenes, welches mit
der
"amerikanischen Umerziehung" nach Deutschland angeblich gekommen war:
Jeans, Coca Cola, Chips und Snacks, billige Unterhaltung, Rock'n Roll,
Halbstarkenwesen usw.. Das war sämtlichst bei den Pfadfindern
verpönt,
und so lag ich "ideologisch" auf der Linie. Allerdings weniger mit der
Tendenz zu rechts-konservativem oder gar faschistischem Gedankengut
heraus wie bei meinen Eltern. Dazu
kam eine Technikferne: In einer Einladung zu einer Wochenendfahrt
heißt es zum Beispiel "Konserven sind zu Hause zu lassen, und
auch eine
Taschenlampe packt garnicht erst ein". Die Vorstellungen speisten sich
aus alten Gedanken der Bündischen Jugend und der Jugenbewegung von
vor 60 Jahren, die nicht notwendigerweise poltisch "rechts" oder gar
faschistisch gewesen waren.
Als Sippenführer de Sippe
Puma Wanderung Richtung Tüttendorf, Hochbrücke, Marschzahl 12
Der Winder war außerordentlich streng gewesen. Die Ostsee
war teilweise zugefroren, und wir vergnügten uns auf dem Eis. Die
Bilder zeigen die Ostsee vor Heidkate.
6.3. - 2.4.1963
Sparkassenlehrgang in Bordesholm
Dieser Lehrgang gehörte zur Lehrlingsausbildung an der
Landesbank und Girozentrale Schleswig-Holstein. Es war ein
Internatsbetrieb, und ich kam höchstens am Wochenende nach Hause.
In meinen Gedanken war ich weniger bei diesem Lehrgang als bei den
Pfadfindern, zumal wir uns dort, in Zusammenarbeit mit Jens Franzen,
der die Idee gehabt hatte, einen alten Rettungskutter in Hamburg
gekauft hatten, der nun in Kiel in der Nähe des Hindenburgurfers
lag und darauf wartete, fit gemacht zu werden. Mit den anderen
Teilnehmern des Kurses hatte ich wenig Kontakt, weder mit den
männlichen noch den weiblichen. Sie kamen von anderen Sparkassen
Schleswig-Holsteins und machten teilweise einen sehr ländlichen
Eindruck. Ich hatte in keiner Weise Interesse an ihnen. Nur wenige
Lehrlingskollegen von der Landesbank waren dabei, wie zum Beispiel
(ganz links auf dem Bild) Ulla Meschkat.
Der Frühling kam nur sehr
langsam ins Land gezogen. Manchmal unternahm ich lange Wanderungen in
der Gegend von
Bordersholm, bis zum Sonnenuntergang. Wie die Tage länger wurden
hatte ich das Gefühl, dass nun etwas neues beginnt, und eine
tiefere Lebensfreude macht sich breit.
21.4. Wassern
des Kutters und Fahrt nach
Mönkeberg
Bevor der Kutter zu Wasser gelassen werden konnte, war sehr viel
Arbeit erforderlich gewesen, ihn instand zu setzen. Aus dem Grund traf
man sich dort oft, um die Arbeiten gemeinsam zu erledigen. Auch waren
organisatorische Voraussetzungen zu schaffen. Ich hatte durch meinen
Segelkurs im Vorjahr einiges an maritimem Wissen mitgebracht und war
als
Truppführer obendrein der "Spezialist". Besonders auch mein Wissen
im Hinblick auf die Formalia, mit denen wir auf der Segelschule in
Glücksburg
reichlich versorgt worden waren, brachte ich hier zur Anwendung. Dies
verband
sich mit meinem organisatorischen Talent und einigem
bürokratischen Wissen, das ich meiner Banklehre zu verdanken
hatte. Alles schlug sich in einem Regelwerk zum Betrieb des Bootes, der
"Bootssatzung" nieder.
Diese für den
Betrieb des Bootes erstellte "Bootssatzung", war in höchstem
Maße bürokratisch und perfektionistisch. Hier lag auch ein
Grund meiner zunehmenden
Entfremdung vom spontanen Gruppenleben, das doch anderen Regeln folgte.
Ich hatte hohes Ansehen wegen meiner organisatiorischen
Fähigkeiten, war aber gewiss nicht geliebt. Die Bootssatzung wurde
von
allen brav unterschrieben. Aus heutiger Sicht finde ich sie
reichlich
lächerlich, vor allem schien sie mir die emotionalen Anteile zu
ignorieren, die aber glücklicherweise durch andere Leute, wie zum
Beispiel Michael Sven Schattka, der Gitarre spielte (was ich nicht
konnte), in das praktische Leben hineingebracht wurden. Er war einer, der mit seiner
Gitarre andere Töne
anschlug. Aber soweit liefen die Dinge ganz
gut.
Die Leute machten mit und hatten Spaß daran. Die nachfolgenden
Bilder zeigen die Jungfernfahrt nach dem Wassern des Bootes.
Wie in jedem dieser Jahre gab es einen Familientag an dem die Familie
zusammenkam. Nicht beteiligt war die Seite Schulz, aber meine Mutter,
ihre Geschwister Käthi und Georg-Ernst mit Gerta, ferner die
älteren, wie meine Großmutter als auch Tante Käthe, die
Schwester ihres verstorbenen Mannes. Dazu kamen manchmal die
"Schleswiger". Meistens traf man sich in einem Landgasthof und machte
einen Spaziergang.
Auf dem Bild: meine
Großmutter Charlotte Warnecke, Großtante Käthe
Warnecke, vorneweg einer meiner Brüder.
Wie schon im Vorjahr nahm meine Großmutter Oma Schulz an einer
Modenschau für Selbstgeschneidertes teil. Sie war sehr stolz
darauf. Zu dem Zeitpunkt war sie schon an Magenkrebs erkrankt und
sollte nicht mehr lange leben. Es war so, als würde sie nun alle
noch verbleibende Energie in diese Modenschau stecken.
18. - 19.5. Gaufahrt nach Tetenhusen
und kurz darauf 1. - 3.6. Pfingstlager in
Tetenhusen
Der
"Eidergau" war ein Zusammenschluss der Pfadfinderstämme in Kiel
und Rendsburg. In Kiel gab es die Stämme "Goten" und "Burgunder".
Der Zusammenschluss war vor allem von den älteren forciert worden,
z. B. von Peter Pott, der eine gute Verbindung zu den Kieler Studenten
hatte. Im Hintergrund standen ein paar moderne Vorstellungen von
Pfadfinderei, auch ein wenig "geistiger" Anspruch, der einen Hauch von
Elitedenken mit sich brachte. Die neuen Vorstellungen drückten
sich zum Beispiel darin aus, das man eine gebundene Ausgabe von A. S.
Neill: "Erziehung in Summerhill" las, ein Buch, das erst Jahre
später in der Schüler- und Studentenbewegung Furore machte.
Aber zunächst einmal gab es viel Praxis, zum Beispiel diese Lager
durchzuführen. Ich war zu dem Zeitpunkt noch Sippenführer,
aber schon Truppführer und auf dem Sprung zum Stammesführer.
Wenn man so will, eine steile Karriere. Ich hatte ja auch viel
nachzuholen, und insofern war es von Vorteil, dass ich mich auch noch
mit den elementaren Dingen beschäftigte und beschäftigen
musste. Langsam bildete sich eine Spezialität von mir heraus: Die
Entwicklung von Spielen, hier vor allem von Geländerspielen,
auch solche, die für viele Teilnehmer konzipiert waren.
Zur Pfadfindertracht
gehörte, wie auf dem Bild zu sehen oben die Juja
(Jugenschaftsjacke), darunter das Pfadfinderhemd und das blau-gelbe
Halstuch. Eine lederne Kniebundhose und Kniebundstrümpfe,
Halbschuhe, die seitwärts geschnürt wurden. Auf dem
Rücken der "Affe" mit draum geschnürter Zeltplane. Das ganze
geht zurück auf die Jugendbewegung am Anfang des Jahrhunderts.
Am 25.5. 1963 gab es die Bootstaufe
für den Kutter. Das wurde mit
einigen Ausfahrten verbunden. In Planung war eine größere
Sommerfahrt mit meiner Sippe und weiteren Interessierten mit dem
Schiff,
also musste auch ein wenig vorher trainiert werden. Unter anderem gab
es auch eine Fahrt in den Nord-Ostsee-Kanal. Jemand, der sich in dem
Trupp ein wenig auszeichnete, war Michael-Sven Schattka. Er war sehr
beliebt, spielte Gitarre und hatte einige Leute, die sich besonders auf
ihn bezogen, jedenfall mehr als auf mich.
Die Lehre und meine Ausbildung an der Berufsschule lief so nebenher.
Alle meine Energien steckte ich in die Pfadfinderei. In der Landesbank
nutzte ich auch Zeit und Ressourcen für diese Sache. Die
Pfadfinder waren für mich Familie und Weltanschauung in einem. Als
"Macher" war ich dort sehr aktive und organisierte viel. Was meine
Beliebtheit anbelangt, so hielt sich diese in Grenzen. Man
ließ mich manchmal machen und regelte vieles informell. Meine
Arbeit wurde aber durchaus anerkannt, und das war mir die Hauptsache.
Enge Freundschaften hatten sich bis dahin nicht entwickelt. Es
lässt sich sagen, dass es eigentlich kein "Privatleben" mehr gab.
Alle Kontakte waren durch den Zusammenhang der Organisation definiert.
Das hieß nicht, dass man nicht schöne Erlebnisse hatte,
Abende mit Gesang und Tschai (eine Art von Rotweingrog) und manch
interessanter philosophischer Diskussion.
Mit der Berufsschule gab es eine Fahrt
nach Berlin. Ich durfte damals nicht den Landweg benutzen, da
mein Stiefvater bei der Bundeswehr war. Interessant fand ich damals die
gerade durch die DDR errichtete Mauer. Solche Reisen fanden offiziell
statt, um die
Schüler mit der Lage der geteilten Stadt vertraut zu machen und
ihnen den Unterschied von Demokratie und Kommunismus nahe zu bringen.
Am 10.7. wechselte ich in die
Wertpapierabteilung
der Landesbank. Das war eine der letzten Stationen der Ausbildung.
Vom 13.7.- 4.8.1963 gab es die lang geplante Kutterfahrt nach Dänemark,
Gelting, Sonderburg, Alsen
Alles, was wir brauchten, musste mit dem Kutter mitgenommen werden. Das
waren Zelte und Schlafsäcke, Verpflegung, Trinkwasser und
vielerlei mehr. Die erste Etappe führte von Kiel nach Heidkate, wo
wir unter dem kritischen Blick meiner Eltern die erste Nacht
verbrachten. Von dort aus ging es weiter nach Bülck (nächste
Nacht). Dann über die Eckernförder Bucht, an der Küste
entlang bis Gelting, über die Geltinger Bucht dann hinüber
nach Dänemark und in den Sonderburgfjord nach Sonderburg und etwas
weiter nördlich bis zur Bucht Stegvik. Insbesonders bei Wind war
das Pullen etwas schwierig. Im Grund konnten wir nur unter sehr
moderaten Wetterbedingungen vorankommen, die wir auch fast immer
hatten. Einmal musste wegen kräftigen Gegenwinds getreidelt
werden. Ohnehin hielten wir uns lieber in der Nähe der Küsten
auf. Die Gruppe erwies sich als ganz nett und einsatzbereit. Es gab
keine besonderen Probleme im Zusammenleben und bei der gemeinsamen
Bewältigung von Aufgaben.
Die Teilnehmer waren deutlich jünger als ich, und ich war
eindeutig der "Führer", was auch einige Verantwortung und Stress
mit sich brachte. Als solcher war ich auch rund um die Uhr im Einsatz.
Ein besonderes Erlebnis hatte ich an einem schönen sonnigen
Nachmittag, als wir gerade das dänische Ufer erreicht hatten. Oft
verankerten wir das Boot und machten Pause. Ich erlaubte mir auch
einmal eine Pause von der Gruppe und ging ein wenig and der
Steilküste entlang. Da fühlte ich einen Moment lang ein alles
durchströmendes Glücksgefühl über das Leben. So
etwas hatte ich bis dahin kaum erlebt. War es der Moment der Stille und
Abgeschiedenheit, im Kontrast zur sonstigen Geschäftigkeit, die
mich immer umtrieb? Ganz sicher war es aber auch eine allgemeine Freude
über
mein Leben, und besonders mein zukünftiges Leben, dass mir
glanzvoll und interessant zu werden versprach und mich weiter mit
Sonnenschein verwöhnen würde, wie an diesem Nachmittag.
In der Gegend von Sonderburg ließen wir uns von einem Motorboot
abschleppen. In Sonderburg selbst verweilten wir nur kurz. Was sollten
wir mit der Stadt anfange? Ich erinnere nicht einmal Einkäufe. Und
unsere Kohten (Zelte) konnten wir dort auch nicht aufstellen.
In der Bucht Stegvig nördlich
von Sonderburg machten wir Pause für ein paar Tage.
Schließlich hatten wir ja insgesamt drei Wochen zu
Verfügung. An Land wurde nun ein Lager aufgebaut. Alles wurde aus
dem Boot geholt, das in der Bucht vor Anker schaukelte. Die Tage
verliefen recht ruhig. Nur einmal gab es Aufregung: Als wir morgens
aufwachten, war unser Boot gesunken und auf Grund gesetzt.
Glücklicherweise nicht im tiefen Wasser. Wir schöpften das
Wasser heraus und kalfaterten die Lecks.
Den Rückweg nach Kiel traten
wir über die selbe Route an. Mit anderen Menschen hatten wir
während der ganzen Zeit wenig zu tun gehabt. Stets zelteten wir an
einsamen Stellen. Eines Tages, auf der Rückfahrt, als wir dicht am
Ufer der Eckernförder Bucht enlangfuhren, lief ein Kind schreiend
zu seinen Eltern am Strand: "Mami, Seeräuber, Seeräuber...".
Jedem schien die Fahrt gefallen zu haben, aber als wir nach Hause
kamen, liefen alle auseinander. Eine besondere Freundschaft oder
Beziehung hat sich zu keinem fortentwickelt
Als ich am 4.8. nach Hause kam, ging ich nicht mehr in die Holtenauer
Str. 149 in Kiel, sondern ins Teichtor
49 in Heikendorf. Der Umzug hat
während der Kutterfahrt
stattgefunden, in das von meinen Eltern neu gebaute Einfamilienhaus. An
dem Umzug war ich nicht beteiligt.
5.8. Erste Kontaktaufnahme mit Günther
Sander
wegen Zusammenarbeit der Stämme Goten und
Burgunder.
Die folgenden Monate waren wohl die intensivste Zeit im Hinblick auf
meine pfadfinderische Aktivität in Kiel. Günther Sander war
der Führer des Trupps Goten, einer einige Dutzend umfassende
Gruppe von ganz netten Leuten. Er selbst war mir auch sehr sympathisch.
Wir beschlossen, unsere "Stämme" (Gruppen) zusammenzulegen.
Vom
27.9. - 5.10
nahm ich an ein Truppführerlager
in Noer zusammen mit Günther Sander teil, das uns eine
weitere pfadfinderische Ausbildung gab. Vom 16.-17.12. 1963 fand die
Stammesgründung des neuen Stammes "tom kyle" statt, der die Trupps
Goten und Burgunder zusammenfasste. Ich war als Stammesführer
ausersehen. Wir verbrachten das Gründungswochenende auf der Hohburg am Westensee, einem einsam
gelegenen Haus, das Jugendgruppen zur Verfügung stand. Es gab
Fackeln, Feuer und viel Gesang, und auch einige Reden und Spiele.
Beruflich gab es Ende August/Anfang September die Prüfungen als Bankkaufmann vor
der Industrie- und Handelskammer als auch intern bei der Landesbank und
Girozentrale Schleswig-Holstein. Mein Abschlusszeugnis war gut. Ich
hatte mir aber schon eine Zeit Gedanken über meine berufliche
Zukunft gemacht und festgestellt, dass den Rest meines Lebens auf der
Bank zu verbringen nicht das sein könnte, was mich ausfüllt.
Besonders durch die Pfadfinder war mein geistiger Horizont enorm
erweitert worden. Ich interessierte mich für pädagogische und
philosophische Fragen. Eines Tages, auf dem Weg von der Arbeit in der
Landesbank und Girozentrale am Kleinen Kiel in die Holtenauer
Straße, hatte ich einen Aushang der Hochschule für Wirtschaft und Politik
in Hamburg gesehen. Dort wurde ein kombinierter
zweijähriger Studiengang Betriebswirtschaftslehre,
Volkswirtschafslehre, Soziologie und Jura angeboten. Ich bewarb mich
und wurde zu einer Aufnahmeprüfung eingeladen. Ich bestand die
Prüfung, wurde aber erst mit einem Jahr Verzögerung
aufgenommen. Das heißt, nach meiner Lehre musste ich noch ein
Jahr auf der Bank arbeiten. Aber mein Weggang von der Bank als auch
mein Weggang aus Kiel war damit vorgezeichnet. Dieser Plan war von mir
alleine entwickelt worden. Die Familie nahm das mit relativer
Interesselosigkeit auf. Man ließ mich machen und erwartete nicht
so viel.
Am 21.bis 22.12. fand die traditionelle Stammesfahrt nach Nehmten in die
Stockseekate statt. Wie üblich gab es beim Besitzer, dem
Grafen Plessen, einen Empfang. Er lebte auf dem Gut wie im 19.
Jahrhundert, mit alten Möbeln und Personal, das mit einer
Tischglocke hereingeläutet wurde. Mädchen mochte er angeblich
nicht, aber wir waren im Bund Deutscher Pfadfinder (fast) nur Jungens
und junge Männer. So war das kein Problem.
Das Jungenleben war eine der
Bundeszeitschriften des Bundes Deutscher Pfadfinder. Hier erschien ein
Artikel von mir über unsere Sommerfahrt mit dem Boot.