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1963

Sippenführer Sippe Puma
          Fahrt mit Sippe Puma Richtung Tüttendorf, Hochbrücke, Marschzahl 12
          Fahrt Raisdorf, Passade, Schnee und Eis, Marschzahlwandern
          31.1. In die Lochkartenstelle der Landesbank
          Skilaufen auf der Krusekoppel - Truppführertreffen
6.3. - 2.4. Sparkassenlehrgang in Bordesholm
          Trupptreffen, Arbeit am Kutter
     21.4. Wassern des Kutters und Fahrt nach Mönkeberg
          Familientag - Modenschau Oma
18. - 19.5. Gaufahrt nach Tetenhusen
25.5. Bootstaufe
     1. - 3.6. Pfingstlager in Tetenhusen
          Fahrt nach Berlin (Berufsschule?) - Bootsfahrten - Truppfahrt
          10.7. In die Wertpapierabteilung der Landesbank
13.7.- 4.8. Kutterfahrt nach Dänemark, Gelting, Sonderburg, Alsen
4.8. wohnen in Heikendorf (Umzug hat während der Kutterfahrt stattgefunden)
     5.8. Erste Kontaktaufnahme mit Günther Sander
     wegen Zusammenarbeit der Stämme Goten und Burgunder
     21.8. IHK-Prüfung, 28.8. Vorstandsprüfung, 12.9. mündliche Prüfung
          Treffen mit Günther Sander - Stammes-Diaabend - Elternabend
          27.9. - 5.10 Truppführerlager in Noer mit Günther Sander - Trupptreffen
          10.11. zum Jungfeldmeister ernannt
16.-17.12. Stammesgründung tom kyle - Trupp Goten und Burgunder
          1.12. Boot aus dem Wasser
     21.22.12. Stammesfahrt nach Nehmten





Die Texte zu diesem Jahr 1963 wurden im Juli des Jahres 2009 geschrieben.

 



Die Pfadfinderei zog mich mehr und mehr in ihren Bann. Das hatte verschiedene Gründe. Zum einen gab es dort einen Personalmangel an etwas älteren Führern. Besonders Jens Franzen, der zur Bundeswehr musste, versuchte mich stärker einzubeziehen und dazu zu bringen, Führungsaufgaben zu übernehmen. Eigentlich war ich schon etwas zu alt für einen Einstieg, um von "ganz unten" den Aufstieg zu beginnen. Dennoch musste ich mich erst als Sippenführer bewähren, die normalerweise vielleicht 16 Jahre alt sind, ich war aber schon 19 Jahre alt. Die Bewährungszeit war kurz, und bald wurde ich schon zu Höherem berufen. Dabei mangelte es mir nach wir vor an "waldläuferischen" Qualitäten. Aber schon 1963, in der Embryonalphase der 68-er-Bewegung, gab es schon eine leichte Hinwendung zu anderen Qualitäten moderneren Inhalts wie "Teamfähigkeit" oder auch eine gewisse Öffnung zu mehr "geistiger Pfadfinderei" und Experimentierfreudigkeit im demokratischen Sinn. In dem Bereich war ich weitaus lernfähiger als im Bereich dieser Waldläufer- und Überlebenstechniken in der Natur. Dass ich zur Pfadfinderei "gezogen" wurde, war jedoch nur nur eine Seite. Ich selbst hatte auch aus mehr oder minder bewussten Motivationen heraus ein eigenes Interesse.

Es war der Wunsch, der häuslichen Enge meines Elternhauses zu entfliehen und unter Leute zu kommen und in die Welt hinauszukommen. Bisher kannte ich nur die ehemalige Schulklasse und einige Freunde und jetzt einige Lehrlings-Kollegen an der Bank. Mit denen konnte ich nicht immer viel anfangen, und ich war auch nicht immer sonderlich gefragt. Bei den Pfadfinder war ich gefragt, man brauchte mich, zunächst für die Kassenführung, und es gabe eine feste Gruppenstruktur, in die ich eingefügt war und in der ich meine Aufgaben hatte. Das verschaffte mir Befriedigung. Dazu kam das Interesse an Unternehmungen in der Natur, Wanderungen, Fahrten und Zelten. Durch meine Tante Käthi und meine Großmutter Charlotte Warnecke war ich auf den bei ihnen üblichen Wochenendausflügen damit in Berührung gekommen. Mir gefiel auch, die Einfachheit des Lebens in der Natur, wenngleich ich auch auch nicht so hart im Nehmen war wie viele andere, die weniger Probleme mit den einfachen Toiletten hatten oder die unter einfachen Umständen auch gut einschlafen konnten.

Während ich von zu Hause aus eigentliche keine geistige Anregung bekam, war das bei den Pfadfindern anders. Weder meine Mutter und erst Recht nicht mein Stiefvater sprachen mit mir über Themen, die über das alltägliche.über den, wie man heute sagen würde "smalltalk" hinausgingen. Bei den Pfadfindern gab es einige ältere Studenten, die Philosophie oder Germanistik studierten, zum Beispiel Jens Franzen, Stefan Fiege oder Peter Pott. Sie brachten mir Inhalte näher, die mir sonst verschlossen geblieben wären.

Aus heutiger Sicht ist noch der homoerotische Gesichtspunkt zu erwähnen, der mir damals als solcher nicht bewusst gewesen ist. Ich fühlte mich wohl unter Jugendlichen und jungen Männern. Körperlichkeit, Bewegung, enges Zusammenleben, etwas gemeinsam erleben und erfahren, sportliche Wettkämpfe, das gefiel mir. Homoerotik oder gar Homosexualität waren jedoch nie Thema, und ich erinnere auch nicht, jemals entsprechende Gefühle gehabt zu haben, die sich zum Bespiel speziell auf eine Person gerichtet hätten. Das kam erst etwas später. Ohnehin hat ich von sexuellen Dingen keine Ahnung und auch noch kaum Erfahrung, einmal von der Masturbation abgesehen, die ich allerdings schon sehr früh, vor der Geschlechtsreife, betrieb.

Bedenkend, dass ich 1963 schon 20 Jahre alt war, ist festzustellen, dass es mir an Bildung und Reife stark mangelte, ich glaube, sogar im Verhältnis zur damaligen Zeit, in der die Entwicklung ohnehin langsamer verlief als es jetzt im Jahre 2009 im Hinblick auf Jugendliche der Fall ist. Ich wurde auf die Realschule geschickt, machte einen mäßigen Abschluss, dann auf eine Handelsschule und dann in eine Banklehre gesteckt. An den Entscheidungen war ich kaum beteiligt. An meiner Bildung war niemand interessiert oder in der Lage, sie zu fördern. Musik, Literatur, Malerei - Fehlanzeige. Geschichtliches oder politisches Wissen war so kurz nach dem Dritten Reich nicht anzutasten. Naturwissenschaften und vor allem Technik waren anerkannt, aber ich wurde ihm Hinblick darauf als nicht talentiert eingeschätzt, im Gegensatz zu meinen Halbbrüdern. Man ging mit uns weder auf Reisen, noch ins Theater, Galerien oder Museen. Selbst die Kultur des Kochens und Essens wurde nicht gepflegt. Nudeln mit Tomatensoße reichten meistens. Festlichkeiten wie zum Beispiel Konfirmationen blieben im Konventionellen stecken. Religiöse Interessen oder gar Diskussionen gab es nicht. Aber das  Jahr 1963 stellte einen Wendepunkt dar. Ich begann, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Spät, und im Hinblick besonders auf die Bildung, zu spät.

Bemerkenswert sind noch weitere  Voraussetzungen, die ich von zu Hause mitbrachte, und die nicht gegen pfadfinderische Ideen standen, sondern sie im Gegenteil noch beförderten. Das eine war der frugale, einfach Lebensstil, den ich zu Hause erfahren hatte. Vieles stand unter dem Zeichen der Sparsamkeit, aber nicht nur aus dem Grund. Alles aufgeputzte, elaborierte oder kulturell verfeinerte stand nicht hoch im Kurs. Das war auch die kulturelle Lage bei den pfadfinderischen Unternehmungen. Die materiellen Ansprüche wurden einfach gehalten. Aber die geistigen Ansprüche sollten gesteigert werden. Letzteres war allerdings neu für mich, denn das Geistige hielt man zu Hause auch für überflüssig. Abgelehnt wurde ferner all jenes, welches mit der "amerikanischen Umerziehung" nach Deutschland angeblich gekommen war: Jeans, Coca Cola, Chips und Snacks, billige Unterhaltung, Rock'n Roll, Halbstarkenwesen usw.. Das war sämtlichst bei den Pfadfindern verpönt, und so lag ich "ideologisch" auf der Linie. Allerdings weniger mit der Tendenz zu rechts-konservativem oder gar faschistischem Gedankengut heraus wie bei meinen Eltern.
Dazu kam eine Technikferne: In einer Einladung zu einer Wochenendfahrt heißt es zum Beispiel "Konserven sind zu Hause zu lassen, und auch eine Taschenlampe packt garnicht erst ein". Die Vorstellungen speisten sich aus alten Gedanken der Bündischen Jugend und der Jugenbewegung von vor 60 Jahren, die nicht notwendigerweise poltisch "rechts" oder gar faschistisch gewesen waren.

Als Sippenführer de Sippe Puma Wanderung Richtung Tüttendorf, Hochbrücke, Marschzahl 12



Der Winder war außerordentlich streng gewesen. Die Ostsee war teilweise zugefroren, und wir vergnügten uns auf dem Eis. Die Bilder zeigen die Ostsee vor Heidkate.

 



6.3. - 2.4.1963  Sparkassenlehrgang in Bordesholm
Dieser Lehrgang gehörte zur Lehrlingsausbildung an der Landesbank und Girozentrale Schleswig-Holstein. Es war ein Internatsbetrieb, und ich kam höchstens am Wochenende nach Hause. In meinen Gedanken war ich weniger bei diesem Lehrgang als bei den Pfadfindern, zumal wir uns dort, in Zusammenarbeit mit Jens Franzen, der die Idee gehabt hatte, einen alten Rettungskutter in Hamburg gekauft hatten, der nun in Kiel in der Nähe des Hindenburgurfers lag und darauf wartete, fit gemacht zu werden. Mit den anderen Teilnehmern des Kurses hatte ich wenig Kontakt, weder mit den männlichen noch den weiblichen. Sie kamen von anderen Sparkassen Schleswig-Holsteins und machten teilweise einen sehr ländlichen Eindruck. Ich hatte in keiner Weise Interesse an ihnen. Nur wenige Lehrlingskollegen von der Landesbank waren dabei, wie zum Beispiel (ganz links auf dem Bild) Ulla Meschkat.

Der Frühling kam nur sehr langsam ins Land gezogen. Manchmal unternahm ich lange Wanderungen in der Gegend von Bordersholm, bis zum Sonnenuntergang. Wie die Tage länger wurden hatte ich das Gefühl, dass nun etwas neues beginnt, und eine tiefere Lebensfreude macht sich breit.



        
21.4. Wassern des Kutters und Fahrt nach Mönkeberg
Bevor der Kutter zu Wasser gelassen werden konnte, war sehr viel Arbeit erforderlich gewesen, ihn instand zu setzen. Aus dem Grund traf man sich dort oft, um die Arbeiten gemeinsam zu erledigen. Auch waren organisatorische Voraussetzungen zu schaffen. Ich hatte durch meinen Segelkurs im Vorjahr einiges an maritimem Wissen mitgebracht und war als Truppführer obendrein der "Spezialist". Besonders auch mein Wissen im Hinblick auf die Formalia, mit denen wir auf der Segelschule in Glücksburg reichlich versorgt worden waren, brachte ich hier zur Anwendung. Dies verband sich mit meinem organisatorischen Talent und einigem bürokratischen Wissen, das ich meiner Banklehre zu verdanken hatte. Alles schlug sich in einem Regelwerk zum Betrieb des Bootes, der "Bootssatzung" nieder.
Diese für den Betrieb des Bootes erstellte "Bootssatzung", war in höchstem Maße bürokratisch und perfektionistisch. Hier lag auch ein Grund meiner zunehmenden Entfremdung vom spontanen Gruppenleben, das doch anderen Regeln folgte. Ich hatte hohes Ansehen wegen meiner organisatiorischen Fähigkeiten, war aber gewiss nicht geliebt. Die Bootssatzung wurde von allen brav unterschrieben. Aus heutiger Sicht finde ich sie reichlich lächerlich, vor allem schien sie mir die emotionalen Anteile zu ignorieren, die aber glücklicherweise durch andere Leute, wie zum Beispiel Michael Sven Schattka, der Gitarre spielte (was ich nicht konnte), in das praktische Leben hineingebracht wurden. Er war einer, der mit seiner Gitarre andere Töne anschlug. Aber soweit liefen die Dinge ganz gut. Die Leute machten mit und hatten Spaß daran. Die nachfolgenden Bilder zeigen die Jungfernfahrt nach dem Wassern des Bootes.


fehlt







Wie in jedem dieser Jahre gab es einen Familientag an dem die Familie zusammenkam. Nicht beteiligt war die Seite Schulz, aber meine Mutter, ihre Geschwister Käthi und Georg-Ernst mit Gerta, ferner die älteren, wie meine Großmutter als auch Tante Käthe, die Schwester ihres verstorbenen Mannes. Dazu kamen manchmal die "Schleswiger". Meistens traf man sich in einem Landgasthof und machte einen Spaziergang.


Auf dem Bild: meine Großmutter Charlotte Warnecke, Großtante Käthe Warnecke, vorneweg einer meiner Brüder.

Wie schon im Vorjahr nahm meine Großmutter Oma Schulz an einer Modenschau für Selbstgeschneidertes teil. Sie war sehr stolz darauf. Zu dem Zeitpunkt war sie schon an Magenkrebs erkrankt und sollte nicht mehr lange leben. Es war so, als würde sie nun alle noch verbleibende Energie in diese Modenschau stecken.



18. - 19.5. Gaufahrt nach Tetenhusen und kurz darauf
1. - 3.6. Pfingstlager in Tetenhusen

Der "Eidergau" war ein Zusammenschluss der Pfadfinderstämme in Kiel und Rendsburg. In Kiel gab es die Stämme "Goten" und "Burgunder". Der Zusammenschluss war vor allem von den älteren forciert worden, z. B. von Peter Pott, der eine gute Verbindung zu den Kieler Studenten hatte. Im Hintergrund standen ein paar moderne Vorstellungen von Pfadfinderei, auch ein wenig "geistiger" Anspruch, der einen Hauch von Elitedenken mit sich brachte. Die neuen Vorstellungen drückten sich zum Beispiel darin aus, das man eine gebundene Ausgabe von A. S. Neill: "Erziehung in Summerhill" las, ein Buch, das erst Jahre später in der Schüler- und Studentenbewegung Furore machte. Aber zunächst einmal gab es viel Praxis, zum Beispiel diese Lager durchzuführen. Ich war zu dem Zeitpunkt noch Sippenführer, aber schon Truppführer und auf dem Sprung zum Stammesführer. Wenn man so will, eine steile Karriere. Ich hatte ja auch viel nachzuholen, und insofern war es von Vorteil, dass ich mich auch noch mit den elementaren Dingen beschäftigte und beschäftigen musste. Langsam bildete sich eine Spezialität von mir heraus: Die Entwicklung von Spielen, hier vor allem von Geländerspielen, auch  solche, die für viele Teilnehmer konzipiert waren.



Zur Pfadfindertracht gehörte, wie auf dem Bild zu sehen oben die Juja (Jugenschaftsjacke), darunter das Pfadfinderhemd und das blau-gelbe Halstuch. Eine lederne Kniebundhose und Kniebundstrümpfe, Halbschuhe, die seitwärts geschnürt wurden. Auf dem Rücken der "Affe" mit draum geschnürter Zeltplane. Das ganze geht zurück auf die Jugendbewegung am Anfang des Jahrhunderts.



Am 25.5. 1963 gab es die Bootstaufe für den Kutter. Das wurde mit einigen Ausfahrten verbunden. In Planung war eine größere Sommerfahrt mit meiner Sippe und weiteren Interessierten mit dem Schiff, also musste auch ein wenig vorher trainiert werden. Unter anderem gab es auch eine Fahrt in den Nord-Ostsee-Kanal. Jemand, der sich in dem Trupp ein wenig auszeichnete, war Michael-Sven Schattka. Er war sehr beliebt, spielte Gitarre und hatte einige Leute, die sich besonders auf ihn bezogen, jedenfall mehr als auf mich.




    
Die Lehre und meine Ausbildung an der Berufsschule lief so nebenher. Alle meine Energien steckte ich in die Pfadfinderei. In der Landesbank nutzte ich auch Zeit und Ressourcen für diese Sache. Die Pfadfinder waren für mich Familie und Weltanschauung in einem. Als "Macher" war ich dort sehr aktive und organisierte viel. Was meine Beliebtheit anbelangt, so hielt sich diese in Grenzen. Man ließ mich manchmal machen und regelte vieles informell. Meine Arbeit wurde aber durchaus anerkannt, und das war mir die Hauptsache. Enge Freundschaften hatten sich bis dahin nicht entwickelt. Es lässt sich sagen, dass es eigentlich kein "Privatleben" mehr gab. Alle Kontakte waren durch den Zusammenhang der Organisation definiert. Das hieß nicht, dass man nicht schöne Erlebnisse hatte, Abende mit Gesang und Tschai (eine Art von Rotweingrog) und manch interessanter philosophischer Diskussion.

 



Mit der Berufsschule gab es eine Fahrt nach Berlin. Ich durfte damals nicht den Landweg benutzen, da mein Stiefvater bei der Bundeswehr war. Interessant fand ich damals die gerade durch die DDR errichtete Mauer. Solche Reisen fanden offiziell statt, um die Schüler mit der Lage der geteilten Stadt vertraut zu machen und ihnen den Unterschied von Demokratie und Kommunismus nahe zu bringen.



Am 10.7. wechselte ich in die Wertpapierabteilung der Landesbank. Das war eine der letzten Stationen der Ausbildung.

 



Vom 13.7.- 4.8.1963 gab es die lang geplante Kutterfahrt nach Dänemark, Gelting, Sonderburg, Alsen

Alles, was wir brauchten, musste mit dem Kutter mitgenommen werden. Das waren Zelte und Schlafsäcke, Verpflegung, Trinkwasser und vielerlei mehr. Die erste Etappe führte von Kiel nach Heidkate, wo wir unter dem kritischen Blick meiner Eltern die erste Nacht verbrachten. Von dort aus ging es weiter nach Bülck (nächste Nacht). Dann über die Eckernförder Bucht, an der Küste entlang bis Gelting, über die Geltinger Bucht dann hinüber nach Dänemark und in den Sonderburgfjord nach Sonderburg und etwas weiter nördlich bis zur Bucht Stegvik. Insbesonders bei Wind war das Pullen etwas schwierig. Im Grund konnten wir nur unter sehr moderaten Wetterbedingungen vorankommen, die wir auch fast immer hatten. Einmal musste wegen kräftigen Gegenwinds getreidelt werden. Ohnehin hielten wir uns lieber in der Nähe der Küsten auf. Die Gruppe erwies sich als ganz nett und einsatzbereit. Es gab keine besonderen Probleme im Zusammenleben und bei der gemeinsamen Bewältigung von Aufgaben.




Die Teilnehmer waren deutlich jünger als ich, und ich war eindeutig der "Führer", was auch einige Verantwortung und Stress mit sich brachte. Als solcher war ich auch rund um die Uhr im Einsatz. Ein besonderes Erlebnis hatte ich an einem schönen sonnigen Nachmittag, als wir gerade das dänische Ufer erreicht hatten. Oft verankerten wir das Boot und machten Pause. Ich erlaubte mir auch einmal eine Pause von der Gruppe und ging ein wenig and der Steilküste entlang. Da fühlte ich einen Moment lang ein alles durchströmendes Glücksgefühl über das Leben. So etwas hatte ich bis dahin kaum erlebt. War es der Moment der Stille und Abgeschiedenheit, im Kontrast zur sonstigen Geschäftigkeit, die mich immer umtrieb? Ganz sicher war es aber auch eine allgemeine Freude über mein Leben, und besonders mein zukünftiges Leben, dass mir glanzvoll und interessant zu werden versprach und mich weiter mit Sonnenschein verwöhnen würde, wie an diesem Nachmittag.

In der Gegend von Sonderburg ließen wir uns von einem Motorboot abschleppen. In Sonderburg selbst verweilten wir nur kurz. Was sollten wir mit der Stadt anfange? Ich erinnere nicht einmal Einkäufe. Und unsere Kohten (Zelte) konnten wir dort auch nicht aufstellen.




In der Bucht Stegvig nördlich von Sonderburg machten wir Pause für ein paar Tage. Schließlich hatten wir ja insgesamt drei Wochen zu Verfügung. An Land wurde nun ein Lager aufgebaut. Alles wurde aus dem Boot geholt, das in der Bucht vor Anker schaukelte. Die Tage verliefen recht ruhig. Nur einmal gab es Aufregung: Als wir morgens aufwachten, war unser Boot gesunken und auf Grund gesetzt. Glücklicherweise nicht im tiefen Wasser. Wir schöpften das Wasser heraus und kalfaterten die Lecks.










Den Rückweg nach Kiel traten wir über die selbe Route an. Mit anderen Menschen hatten wir während der ganzen Zeit wenig zu tun gehabt. Stets zelteten wir an einsamen Stellen. Eines Tages, auf der Rückfahrt, als wir dicht am Ufer der Eckernförder Bucht enlangfuhren, lief ein Kind schreiend zu seinen Eltern am Strand: "Mami, Seeräuber, Seeräuber...". Jedem schien die Fahrt gefallen zu haben, aber als wir nach Hause kamen, liefen alle auseinander. Eine besondere Freundschaft oder Beziehung hat sich zu keinem fortentwickelt

Als ich am 4.8. nach Hause kam, ging ich nicht mehr in die Holtenauer Str. 149 in Kiel, sondern ins Teichtor 49 in Heikendorf. Der Umzug hat während der Kutterfahrt stattgefunden, in das von meinen Eltern neu gebaute Einfamilienhaus. An dem Umzug war ich nicht beteiligt.



5.8. Erste Kontaktaufnahme mit Günther Sander
wegen Zusammenarbeit der Stämme Goten und Burgunder.

 



Die folgenden Monate waren wohl die intensivste Zeit im Hinblick auf meine pfadfinderische Aktivität in Kiel. Günther Sander war der Führer des Trupps Goten, einer einige Dutzend umfassende Gruppe von ganz netten Leuten. Er selbst war mir auch sehr sympathisch. Wir beschlossen, unsere "Stämme" (Gruppen) zusammenzulegen. Vom 
27.9. - 5.10 nahm ich an ein Truppführerlager in Noer zusammen mit Günther Sander teil, das uns eine weitere  pfadfinderische Ausbildung gab. Vom 16.-17.12. 1963 fand die Stammesgründung des neuen Stammes "tom kyle" statt, der die Trupps Goten und Burgunder zusammenfasste. Ich war als Stammesführer ausersehen. Wir verbrachten das Gründungswochenende auf der Hohburg am Westensee, einem einsam gelegenen Haus, das Jugendgruppen zur Verfügung stand. Es gab Fackeln, Feuer und viel Gesang, und auch einige Reden und Spiele.



Beruflich gab es Ende August/Anfang September die Prüfungen als Bankkaufmann vor der Industrie- und Handelskammer als auch intern bei der Landesbank und Girozentrale Schleswig-Holstein. Mein Abschlusszeugnis war gut. Ich hatte mir aber schon eine Zeit Gedanken über meine berufliche Zukunft gemacht und festgestellt, dass den Rest meines Lebens auf der Bank zu verbringen nicht das sein könnte, was mich ausfüllt. Besonders durch die Pfadfinder war mein geistiger Horizont enorm erweitert worden. Ich interessierte mich für pädagogische und philosophische Fragen. Eines Tages, auf dem Weg von der Arbeit in der Landesbank und Girozentrale am Kleinen Kiel in die Holtenauer Straße, hatte ich einen Aushang der Hochschule für Wirtschaft und Politik in Hamburg gesehen. Dort wurde ein kombinierter zweijähriger Studiengang Betriebswirtschaftslehre, Volkswirtschafslehre, Soziologie und Jura angeboten. Ich bewarb mich und wurde zu einer Aufnahmeprüfung eingeladen. Ich bestand die Prüfung, wurde aber erst mit einem Jahr Verzögerung aufgenommen. Das heißt, nach meiner Lehre musste ich noch ein Jahr auf der Bank arbeiten. Aber mein Weggang von der Bank als auch mein Weggang aus Kiel war damit vorgezeichnet. Dieser Plan war von mir alleine entwickelt worden. Die Familie nahm das mit relativer Interesselosigkeit auf. Man ließ mich machen und erwartete nicht so viel.

 





Am 21.bis 22.12. fand die traditionelle Stammesfahrt nach Nehmten in die Stockseekate statt. Wie üblich gab es beim Besitzer, dem Grafen Plessen, einen Empfang. Er lebte auf dem Gut wie im 19. Jahrhundert, mit alten Möbeln und Personal, das mit einer Tischglocke hereingeläutet wurde. Mädchen mochte er angeblich nicht, aber wir waren im Bund Deutscher Pfadfinder (fast) nur Jungens und junge Männer. So war das kein Problem.






Das Jungenleben war eine der Bundeszeitschriften des Bundes Deutscher Pfadfinder. Hier erschien ein Artikel von mir über unsere Sommerfahrt mit dem Boot.






Fortsetzung zum nächsten Jahr

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