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1964

     7.1. Bei Peter Pott
          Alter Mastenkeller,
          Rinaldo Jürgen, Harlekin, Schatti, Wühli, Amigo, Jens
          Werbeveranstaltung - Heim Sophienblatt
29.1. Eidergautreffen
          1.2. Stammesfest
          bei Oma im Krankenhaus - Trupptreffen Ostgoten - Verwaltungstreffe
          15.-16.2. Landesthing
          für Oma Bilder gemacht
          22.2. Stammesführerfahrt nach Kühren
          Musikwochenende mit Jens - Kornettlagereinladungen - Zuschüsse vom Land
21.3. 1964 Gründung der Aufbaugruppe Wenden in Heikendorf
     27.-30.3. Lager bei Kühren, Schnee und Eis - Westgoten - Ostgoten und Burgunder
          5.4. Onkel Adolf und Tante Hilde silberne Hochzeit
          Garten graben bei Oma - Tante Käthi Buchführung
          19.4. Pfingstlagerbesprechnung in der DJH - Sippenführerlehrgang - Rovertreffen
          29.4. Modenschau Oma
     16.-18.5. Kornettlager am Lanker See
          6.-7.6. Eidergaufahrt
          Stammesrat - Stammeszeitung toky - Probenfahrt - Versprechen
          Abteilungsfest Landesbank - Volksfest Kieler Woche
3.-13.7. 1964 Mitgefahren mit Truppfahrt Goten nach Dänemark, vorzeitig zurückgefahren
          Bernd Kühn Geburtstag auf Knoop - Werbung für Pfadfinder in Heikendorf
          Sippe Marder, Trupp Wenden - Flüschi, Uli, Fietschi, Horst Thiede
     30.8. Am Dobersdorfer See mit Sippe Marder
          Feldmeistertag - Geländespiel - Abschiedsfest Landesbank
1.10. 1964 Aufnahme des Studiums an der Akademie für Wirtschaft und Politik in Hamburg
     3.-4.10. Stammesfahrt nach Methorst Teich
     Volkswagen Käfer;
     Zimmer in Altona - Elke Franzen
23.10. Einzug bei Jochen Senft in Hoisdorf
          25.10. Beteiligung der Pfadfinder an einer Ausstellung in der Ostseehalle
25.10. Oma gestorben
          21.-22.11. Bei Tante Lieschen in Emden
          Bei Peter Pott - In Methorst Eidergaufest - LB-Pfadfinder angeboten
          15.12. Treffen mit Moritz von Engelhardt
          23.12. Eidergautreffen
          Musisches Silvestertreffen in Hoisdorf


Die Texte zu diesem Jahr 1964 wurden im August des Jahres 2009 geschrieben.

     7.1. Bei Peter Pott
Treffen bei Peter Pott waren immer sehr anregend. Am Westring hatte er eine Studentenbude und versammelte dort regelmäßig Leute um sich herum, um philosophische oder politischte Gespräche zu führen. Und natürlich ging es auch immer wieder um die Pfadfinder und die Zukunft des Bundes, um Konzepte und Ideen.

          Alter Mastenkeller,
Der Alte Mastenkeller gehört zum Kieler Yachtclub am Hindenburgufer und ist eine Art von maritimer Bar. Hier fand der Stammtisch der Hanseatischen Yachtschule regelmäßig statt. Nachdem ich die Schule in Glückburg vor zwei Jahren besucht hatte, fühlte ich mich der Sache immer noch verbunden. Allerdings lief die Sache dann doch für mich bald aus.

          Rinaldo Jürgen, Harlekin, Schatti, Wühli, Amigo, Jens
          Werbeveranstaltung - Heim Sophienblatt
29.1. Eidergautreffen

          1.2. Stammesfest

Das Stammesfest war vor allem auch von den etwas jüngeren Leuten des Stammes gewünscht und ausgerichtet worden. Es war ein Fasching. Auch ich ging dorthin, fühlte mich aber nicht so sehr wohl. Hier war man ausgelassen und fröhlich, es war Partystimmung, die mit der Pfadfinderei eigentlich gar nichts zu tun hatte. Vielleicht wurde auch Alkohol getrunken. Am gravierendsten war jedoch die Tatsache, dass auch Mädchen gekommen waren. Das Bild zeigt den Truppführer Michael Sven Schattka, genannt Schatti. Er kam bei den Mädchen ziemlich gut an, was man von mir nicht sagen konnte. Zwar war ich nicht eifersüchtig, aber Mädchen passten nicht so gut in das Konzept der Pfadfinder, zumindest so wie ich mir sie vorstellte.



          bei Oma im Krankenhaus

Meine Großmutter väterlicherseits, Gertrud Schulz, kränkelte schon länger. In ihrem Schlafzimmer hatte ich schon Batterien von Medikamenten gesehen. Nun war sie ins Krankenhaus gekommen, aber da kam sie nach kurzer Zeit schon wieder heraus. Aber das war kein Grund zur Beruhigung. Im Gegenteil. Mir wurde die Wahrheit alledings nicht gesagt. Erst später bekam ich heraus, dass man ihren Magen geöffnet hatte und unheilbaren Magenkrebs festgestellt hatte. Ihr selbst ist das aber wohl bewusst gewesen. Sie lebte nochmal intensiv auf und nahm auch wieder an der Modenschau mit Selbstgeschneidertem teil. Dann legte sie Wert auf einen offiziellen Phototermin. Sie wollte offensichtlich letzte Bilder vor ihrem Tode machen lassen.



          Trupptreffen Ostgoten - Verwaltungstreffen
          15.-16.2. Landesthing

          22.2. Stammesführerfahrt nach Kühren
          Musikwochenende mit Jens - Kornettlagereinladungen - Zuschüsse vom Land

Ich fand auch ein handschriftliches Tagebuch von mir, das den Zeitraum vom März 1964 bis zum Oktober 1965 umfaßt. Es war die Zeit, in der ich mit Leib und Seele in der Pfadfinderei aufging, mich aber auch andere Fragen beschäftigten. Auszüge in den Kästen  dieser Hintergrundfarbe.

6. März 1964


Wir müssen dynamischer werden. In diesem Zusammenhang heißt das, die Kraft, die wir an die Pfadfinderei vergeben, dort anzusetzen wo sie nicht ins Leere stößt, sondern voran. Das ist aber immer DIREKT bei den Gruppen. Was nützen große Reden, Dialoge und Monologe über dieses oder jenes Problem. Die Praxis der Pfadfinderei wird von so vielen Fakten mitbestimmt, die die kleinen Erwägungen überrollen.

8. März 1964

Ich will die Musik, sie aber will mich nicht. Es stimmt mich traurig, wenn ich mein unartikuliertes Brummen aus Gründen der Rücksichtnahme unterlassen muß und die anderen unbeschwert weitersingen. Jens meinte zwar, ich sollte auch zum nächsten Musikwochenende kommen, aber was nützt's? Zwar höre ich gern zu, doch ich komme mir überflüssig vor. Da gehe ich lieber, innerlich singend, auf Fahrt.

9. März 1964

Es ist reiner Wahnsinn. Vor mir liegt ein dicker Stapel von Staten. die Beträge sind zu ordnen: bis 1.000.--, bis 10.000,-- DM bis 20.000,-- DM usw. Es sind 5% der Größenklassengliederung der Kredite. Das Gestrüpp von Kontenklassen -gruppen -kreisen von Bögen, Staten und Konzernlisten, von Positionen, Verlagerungen und Kompensationen ist undurchdringlich für mich, ich habe auch keine Lust dazu. Um meine Arbeit zu erledigen muß ich mich aber mit allem beschäftigen. Was soll das alles? Eine kleine Statistik! Seltsame Blüten, und ich muß sie ausbaden!

PS: aus heutiger Sicht (Jahr 2009): Es handelt sich dabei um ein Stimmungsbild aus meiner Zeit als Bankangestellter bei der Landesbank und Girozentrale Schleswig-Holstein in Kiel. Es war die Zeit, als der ich schon als Angestellter arbeitete, nach der Lehre. Ich erinnere noch, wie meine Blicke oft aus dem 9. Stock des Hochhauses, dort lag mein Arbeitszimmer, aus dem Fenster über die Stadt in die Ferne schweiften. Hier wollte ich nicht auf Dauer bleiben. Mein Schicksal sollte nicht mit diesem Arbeitsplatz besiegelt sein. Auf dem Weg von der Arbeit nach Hause, in die Holtenauer Str. 149, entdeckte ich eines Tages im Jahr 1963 ein Plakat der "Akademie für Wirtschaft und Politik" in Hamburg, mit dem Angebot eines Studium auch ohne Abitur, nach Ablegen einer Aufnahmeprüfung. Zu der meldete ich mich dann an.

10. März 1964

Gestern hatte Herr Meyer Geburtstag (Abteilungsleiter der Bilanzabteilung). Heute gibt es Kaffee und Kuchen. Alle Damen und Herren, sprich Spießbürger, der Abteilung setzen sich um drei zusammengestellte Schreibtische, die improvisatorisch gedeckt sind. Alle setzen sich brav herum, unterhalten sich über Banalitäten und lachen über die dümmsten Sachen. Daß ja das Gespräch nicht abreißt, das ist die Sorge. Die Sahnestückchen werden hurtig vertilgt. Herr Meyer bietet - wie gewöhnlich - Zigarren und Zigaretten an. Herrn Abc und Herrn Blumpott Zigarren. Wie mich das langweilt, fast so sehr wie die Arbeit manchmal. "Herr Parkettny (der Lehrling), schließen Sie mal die Tür zu", meint der Chef mit Gönnermiene. Dann zieht er eine Flasche Schnaps hervor. Jeder bekommt 1-2 Gläser. "Das tut gut", ist die Meinung natürlich. Die Tür ist zu, es kann nichts passieren. Daß ich nicht lache. Um 1/2 5, zum Dienstschluß, ist der ganze Spuk vorbei. Jeder strebt schnellstens nach Hause. Die "Gemeinschaft" in der Abteilung ist vorgetäuscht. Das Privatleben geht vor. Mir ist es recht.

21.3. Gründung der Aufbaugruppe Wenden in Heikendorf

21. März 1964

Gesiegt! Heute war ich in der Turnhalle. Horst stellte mir einen Jungen vor, der sich für die Pfadfinderei interessierte. Wir setzten uns in einen halbhohen Nebenraum, zusammen mit Dietmar, einem Kameraden von Horst. Ich erzählte etwas über die Pfadfinder. Erst wollte das Gespräch nicht so recht in Gang kommen. Als aber ein paar hinzugekommene Jungen gespannt mit zuhörten und ich ihnen die Teilnahme an unserem Osterlager in Aussicht stellte, waren alle hell begeistert. Da löste sich auch meine Zunge etwas mehr, das Eis war gebrochen und ein eifriges Gefrage und Gerede entstand. Für Montag um 18:00 Uhr verabredeten wir uns bei mir. Sie wollten zu Hause fragen, ob sie mitdürfen, und noch Freunde gewinnen. Wie waren die Jungs begeistert, wenn ich an die vielen vor die Säue geworfenen Perlen bei meinem Stamm denke. Entscheidend ist natürlich, ob ich die Jungen auch halte und ob sie auch ohne mich als Pfadfinder einmal existieren können. Meine Freude wird bestimmt noch manchen Dämpfer erfahren. Horst gratulierte mir: das, was er jahrelang versucht hat, ist mir in einer guten Stunde zuteil geworden: die Begeisterung der Jungen.

PS aus heutiger Sicht (Jahr 2009): 1963 waren wir nach Heikendorf gezogen. Zu dem Zeitpunkt war ich "Stammesführer" der Pfadfinder des Stammes "tom kyle" in Kiel, einer Gruppe, die über hundert Jungen umfaßte. Eine Reihe von gleichaltrigen und etwas jüngeren jungen Männern bildete die Führungsclique, mit der ich zum dem Zeitpunkt unzufrieden war, wie auch mit der Haltung vieler Jungen. In Heikendorf reizte mich die Aufgabe, "frisch" anzufangen und eine neue Gruppe aufzubauen. In der Tat gelang es eine ganze Reihe von Jungen für das Leben in freier Natur zu begeistern und mit ihnen tagelang durch die umliegenden Wälder zu streifen. Die Neugründung dieser Gruppe war aber auch aus einem anderen Grund sehr bemerkenswert: Sie bekam eine Art von demokratischer Verfassung mit regelmäßigen Neuwahlen. Damit war etwas ans Licht gekommen, was für mich mit dem Lesen von "Erziehung in Summerhill" begann und schließlich zur Schüler- und Stundenbewegung, der 68-er-Bewegung führen sollte. Sogar das Rotationsprinzip der späteren GRÜNEN Partei war schon in dieser Satzung, genannt Magna Commitia Wendini, vorweggenommen. Fünf Jahr später sollte der Bund Deutscher Pfadfinder and dem Konflikt zwischen Traditionalisten einerseits und den Revolutionären und Reformern andererseits zerbrechen. Die Welt, in der ich mich 1964 bewegte war noch sehr klein und provinziell, aber die großen Worte waren schon gefunden.

21. März 1964

Wie lange wird mein jungenschaftliches Feuer noch brennen? Wie lange werde ich noch Jungen begeistern können und mit ihnen durch dick und dünn gehen? Hellwach muß ich bleiben, um meine Offenheit gegenber der Natur, der Gesellschaft und den Ideen zu bewahren zu können. Wehe, wenn ich einmal das Brett nicht mehr sehe, das ich vor dem Kopf habe. Wie lange werde ich noch mit jugendlicher Unvoreingenommenheit, mit der Freude am außergwöhnlichen, mit viel Phantasie an die großen und kleinen Probleme herangehen können? Ich WILL es immer! Ob es mir gelingt?

PS aus heutiger Sicht (Jahr 2009): Bin nicht unzufrieden.

24. März 1964

Heute war ein Eidergautreffen. Das Referat habe ich gehalten. Es hieß "Sowjetideologie". Leider ist es mir nicht so gelungen, wie ich es mir gedacht hatte. Das Sachgebiet ist zu umfassend. Um einen Vortrag zu halten muß man die Materie wirklich beherrschen. Zwar habe ich alles verstanden, was meine Arbeitsunterlagen (Grundlagen der marxistischen Philosophie, Sowjetideologie heute I + II) gebracht haben, aber um etwas klar wieder zu bringen, muß man die Materie doch mehr als verstehen. Die Diskussion nahm einen recht verschwommenen Verlauf. Wirkliche Kernfragen wurden kaum angesprochen. Schade, daß ich dieses Thema genommen habe, etwas anderes hätte vielleicht mehr gebracht. Grundsätzlich ist zu sagen, daß der Eidergaukreis an Wert verloren hat, in Form und Inhalt. Wie stelle ich mir den Eidergaukreis vor? Das Thema sollte aktuell sein, auf jeden Fall für denjenigen, der es bringt. Das Problem kann von großer oder alltäglicher Bedeutung sein. Etscheidend ist, ob wir dananch mit dem befriedigenden Gefühl nach Hause gehen, etwas für uns gewonnen zu haen. Dies braucht nicht unbedingt Wissen zu sein, es sollte mehr uns IN UNSEREN ANSICHTEN STÄRKEN ODER ZWEIFELN LASSEN. Eine gut fundierte Meinung braucht zwar einen guten Teil Wissen als Grundlage, aber seine Aneignung kann auch privat geschehen. Das Eidergautreffen sollte einem Sturm gleichen, der manches "Brett vorm Kopf" anlüftet oder gar abreißt.

PS aus heutiger Sicht (Jahr2009): Für meine Entwicklung war der Eidergaukreis von großer Bedeutung. Er wurde angeleitet von dem Doktoranden Peter Pott (er promovierte über Nietzsche). Sein Bestreben war ein subversives: uns der bürgerlichen Gesellschaft abspenstig zu machen, was ihm teilweise gelang. Wir beschäftigten uns mit den Existenzialisten und waren bestrebt, im Denken und im Stil uns abzuheben von denen die in der großen Herde liefen. Als noch kaum jemand in Deutschland über "Antiautoriäre Erziehung" sprach, wurde im Eidergaukreis das Buch "Erziehung in Summerhill" gelesen, das später eine so große Rolle spielen sollte. Für eine Pfadfindergruppe war das recht ungewöhnlich. In einer Zeit, als begonnen wurde, die geistige Starre nach dem Zweiten Weltkrieg vorsichtig aufzubrechen, hatte diese Gruppierung starke Impulse. Der Eidergaukreis wurde bundesweit bekannt und übernahm in der aufkommenden pädagogischen Diskussion, personifiziert in Dr. Peter Pott, die Meinungsführerschaft im Bund Deutscher Pfadfinder. Im Gefolge von Peter Pott übernahm ich Jahre später eine Stelle als Pädagogischer Referent in Berlin, mit der Aufgabe, die neuen Ideen bundesweit umzusetzen.


22.3. Bundeskanzler Ludwig Erhard bekräftigt die Ablehnung der Oder-Neiße-Grenze zwischen Deutschland und Polen.     

 


 

27.-30.3. Lager bei Kühren, Schnee und Eis - Westgoten - Ostgoten und Burgunder






Am Baum stehend: Wühli, ganz rechts stehend: Bernd Kühn. Ganz rechts sitzend: Günther Sander






Selbst: Dritter von rechts. Rechts mit Pudelmütze. Es war eiskalt in dem Lager gewesen.



          5.4. Onkel Adolf und Tante Hilde silberne Hochzeit
          Garten graben bei Oma - Tante Käthi Buchführung
          19.4. Pfingstlagerbesprechnung in der DJH - Sippenführerlehrgang - Rovertreffen

Ich hatte eine Regenbogenhautentzündung, hierzu zwei Briefe von meinen Großeltern Schulz:

         




          29.4. Modenschau Oma Schulz



     16.-18.5. Kornettlager am Lanker See

Auf Landesebene hatte ich, zusammen mit Peter Pott, Verantwortung für Ausbildungslager für Pfadfinderführer übernommen. Kornettlager waren gedacht, Sippenführer zu qualifizieren. Ich machte mir auch sehr viele Gedanken zur Entwicklung der Pfadfinderei, was sich in langen Grundsatzpapieren niederschlug, wie hier in: "Stärker werden mit neuen Methoden".







          6.-7.6. Eidergaufahrt
          Stammesrat - Stammeszeitung toky - Probenfahrt - Versprechen
          Abteilungsfest Landesbank - Volksfest Kieler Woche

Am 10. Juni vollendete ich das 21. Lebensjahr und wurde somit volljährig. Meiner Mutter schenkte ich aus diesem Anlass 21 rote Rosen. Sie händigte mir ihrerseits einen Brief aus, den meiner Vater vor der letzten Feindfahrt mit seinem U-Boot mir geschrieben hatte, mit der Bedingung, dass mir dieser zu meiner Volljährigkeit ausgehändigt wird. Nun war es also so weit gewesen. Mit dem Inhalt das Briefes konnte ich rein garnichts anfangen. Er zeigte mir, in welch anderer Welt ich nun lebte. Wir konnten uns nichts mehr sagen, aber wir hatten uns auch nichts mehr zu sagen, abgesehen davon, dass ich ihm sagen könnte, dass er auf dem völlig falschen Dampfer war, mit dem er dann traurigerweise abgesoffen ist.



Zum Geburtstag lud ich zu einem "Gartenfest mit Tanz". Die untenstehenden Dokumente zeigen deutlich meine Verhaftetheit in den bürgerlichen Konventionen. Weit war es mit der Revolution noch nicht gediehen. Aber von ihr war zu der Zeit ohnehin noch keine Rede. Mädchen und Frauen kamen in meinem Leben nicht vor, und wenn, dann lediglich als "Tanzdame", sozusagen als ein wünschenswertes Zubehör. Geprägt war ich offensichtlich auch durch den Stil des geschäftlichen Schriftverkehrs, wie das untenstehende Mahnschreiben zeigt.





 

12.6. Die DDR und die UdSSR unterschreiben in Moskau den auf 20 Jahre befristeten Vertrag "über Freundschaft, gegenseitigen Beistand und Zusammenarbeit". In dem Vertrag wird erstmals von zwei souveränen deutschen Staaten ausgegangen und West-Berlin als selbstständige politische Einheit betrachtet. Die Westmächte und die Bundesrepublik lehnen diese "Dreistaatentheorie" ab.

18. Juni 1964


Ich kämpfe für eine Idee, die Idee des Menschseins, für hohe Ideale, die ich selber nicht nicht besitze. Aber wer sein Ziel sehen kann, der steigt leichter. Ich hasse Nachgiebigkeit gegen sich selbst und Unbeherrtschheit. Ich hasse Oberflächlichkeit und Sturheit - und bin das alles selbst, oder nicht? Man sagt, ich bin stur, unzuverlässig, oberflächlich und mehr von dem, was ich nicht sein will und bei anderen mißbillige - Es ist schwer, den Kurs zu halten, leicht gleitet man in die bequeme Bahn, besonders dort wo man sowieso nur aus bürgerlichen Motiven aushalten muß. Ich stoße dort viele vor den Kopf, weil ich mich nur unzureichend arrangiere. Aber was soll ich machen, ich verachte das blöde Volk um mich herrum, es ödet mich an mit seinen Themen. Ich will zu mir kommen, und habe aber den Klotz des Alltags am Bein, der mich häufig in den Bereich der Nebel zieht, die meinen Blick verschleiern und mich irren lassen. Aber ich will!


3.-13.7. Mitgefahren mit Truppfahrt Goten nach Dänemark, vorzeitig zurückgefahren

Die Fahrt führte mit dem Fahrrad nach Dänemark, über Lolland nach Seeland. Eigentlich war es eine Truppfahrt des Trupps Goten mit dem Truppführer Schatti. Auch Heikendorfer waren dabei, mit Horst Thiede. Ich fuhr als Stammesführer mit, was zwangsläufig zu Konflikten führen musste. Ich war "rangmäßig" höher als Schatti, aber er war der Truppführer. Wer gab also den Ton an? Ich fühlte mich nicht wohl und oft ausgebootet. So trat ich die vorzeitige Rückreise an, mit dem Vorwand, meine Regenbogenhautentzündung sei zurückgekommen und ich müsse deshalb mich dringend in ärztliche Behandlung begeben. In Nestvaed stieg ich in den Zug zurück nach Deutschland. Die anderen fuhren  noch nach Moen und haben mich sicherlich nicht vermisst.





In der Mitte mit dem Barett: Horst Thiede



27. Juli 1964

Mit der Pfadfinderei mache ich jetzt Schluß, der Brief an den Stammesrat ist geschrieben. Die Gründe habe ich ausführlich genannt. Ich habe vier Gründe, allerdings bringe ich im Brief nur die zwei ersten und den dritten kurz.

1.) Die von mir geplante Organisation und Verwaltung klappt nicht wegen Unzuverlässigkeit und mangelndem Einsatz.

2.) Ich bin nicht mit der Haltung der Jungen als Pfadfinder zufrieden. Ferner sind die Führer der Sippen und Trupps als Führer mehr oder minder ungeeignet.

3.) Stil, Takt, das Verhältnis zur Natur und die Fahrten gefallen mir nicht.

4.) Ich vermisse meine Idee in ihren Reihen.

STIL - das "wie" des Lebens. 10 Gebote, Pfadfindergesetze, Gesetze bilden den z. T. selbst anerkannten Rahmen. Das Moment der Zweckmäßigkeit und Angemessenheit ist maßgebend. Das gilt für Wort und Schrift, Auftreten, Kleidung und Wohnung - schlicht und einfach, aber harmonisch.

TAKT - das Gefühl für das Passende und das Unpassende

VERHÄLTNIS ZUR NATUR - Ich fühle mich stest als ein Teil der Natur und mich eng mit ihr verbunden. Geburt, Krankheit, Tod, alles das bekommt einen selbstverständlichen Charakter, wenn man das Werden und Vergehen beobachtet. Leider bin ich im großen Wald der Natur ein Baum, der fast ganz entwurzelt ist. Meine Verbindung mit der lebendigen Natur ist nur schwach, aber sie soll unerschütterlich sein.

MEINE IDEE - Ich bin da, bestimmt dazu, soundsoviel Jahre zu leben. Welche Tatsachen stehen fest? Für diese Zeit muß ich für meine Erhaltung sorgen (Selbsterhaltungstrieb). Das ist alles! Suche ich Rat, Hilfe oder Erholung, so kannmir diese nur von der Natur, dem Schöpfer, Gott gegeben werden, denn er ist der Vater meines Lebens und nur ihm bin ich verpflichtet. Hier treten nun weitere Bindungen an mich heran: Die Religion. Ich glaube ihr, weil sie meinem Gewissen entspricht. Doch Zweifel tauchen auf: Kann mein Gewissen nicht auch schon durch die Religion geformt sein? In der Natur gilt das Recht des Stärkeren. Eine weitere freiwillige Bindung ist das Pfadfindergesetz. Doch die große Fessel ist das Leben in der bürgerlichen Gesellschaft. Sie ist Zwang, denn essen und trinken und mich versorgen, das muß ich. Ein großer Ameisenhaufen voller Arbeitsteilung, das ist die Welt der Leute. Ich muß mitmachen in diesem Theater, suche mir aber meinen Weg.


          Bernd Kühn Geburtstag auf Knoop - Werbung für Pfadfinder in Heikendorf
          Sippe Marder, Trupp Wenden - Flüschi, Uli, Fietschi, Horst Thiede
     30.8. Am Dobersdorfer See mit Sippe Marder
          Feldmeistertag - Geländespiel - Abschiedsfest Landesbank

4. Sept. 1964

Es ist doch anders gekommen, ich bin noch Stammesführer. Meine Arbeit hat sich geändert: Verwaltung und Organisation sind etwas in den Hintergrund gedrängt; der Mensch, hier der Sippen- oder Truppführer, steht im Mittelpunkt. Rücksichtslos lasse ich alle Jungen fallen, die nicht in die richtige Spur kommen, es sei denn, ich halte sie aus Zweckmäßigkeitsgründen, wenn sie nicht alleine gehen (Schatti), da kein z. Zt. besserer Führer vorhanden ist. Ebenso schwungvoll, wie ich alte Pf. versinken lasse, hebe ich mir fähig erscheinende ältere Neulinge empor und kümmere mich intensiv um sie. Das ist ein fruchtbareres Arbeitsgebiet als der Ärger mit dem Stamm...

14. September 1964

Im Anschluß an den Feldmeistertag hatte ich noch Pepo, Swob und Günther bei mir in Heikendorf. Wir beurteilten den FM-Tag recht positiv, da die Führer im wesentlichen aufgeschlossen sind und unserer Linie folgen. Es fehlt zur Zeit nur noch der zündende Funke, die Theorie ist gut, die Idee geradezu ausgezeichnet, die Frage ist nur, wie wir dies auf die direkte Gruppenarbeit transformieren, wie wir dort in diesem Sinne wirken können. Bisher ist fast alles Krampf und lasch und fade! Es fehlt ein gewisses Etwas, ein Pulverfaß, aus dem sich das große Feuerwerk entwickelt auf das der BDP schaut. Wir MÜSSEN uns etwas einfallen lassen, etwas außergewöhnliches, ganz neues! Draußen wütet ein schweres Gewitter. Die Energie erhellt das Land weit und breit! Ein Anblick, der einem eine Gänsehaut entstehen läßt - und dann der rote Feuerschein hinter dem Wald, der dunkle Ahnungen weckt. So wie die Blitze mit unwiderstehlicher Gewalt und Wucht die Erde erreichen, so sollten auch die Gedanken zünden und einschlagen, welch eine grandiose Vorstellung.

19. September 1964

Heute unterhielt ich mich mit Herrn Raabe (Professor der Biologie), einem alten "Jugendbewegtem". Er gehört heute zum "Freideutschen Kreis". Wir stellten fest, daß die Jugend heute pro-erwachsen eingestellt ist, da. h. den Lebenstil und -inhalt der dominierenden Gesellschaftsschicht bejaht und anzunehmen trachtet. Herr Raabe hat mich beeindruckt: hager, einfach gekleidet, lange Haare; eine Persönlichkeit. Er wägt seine Worte ab, ist einfach und vornehm. Zum Bündischen (habe ich leider nicht angeschnitten): Vorwurf and das "alt-bündische": es isolierte sich. Das "neu-bündische" steht ideel auf den gleichen Grundlagen, ist aber weltoffen und schreitet zur Tat. Eine geistige Elite soll nicht im eigenen Fett schmurgeln, sondern in das Geschehen eingreifen und es beeinflussen.



1.10. Aufnahme des Studiums an der Akademie für Wirtschaft und Politik in Hamburg
     3.-4.10. Stammesfahrt nach Methorst Teich
     Volkswagen Käfer;
     Zimmer in Altona - Elke Franzen

Die Aufnahme des Studiums in Hamburg brachte eine entscheidende Wende in mein Leben. Es war nicht nur so, dass ich jetzt erstmalig von zu Hause auszog, sondern auch so, dass ich in der Millionenstadt Hamburg in eine ganz andere Umgebung kam die mir neue Erfahrungen vermittelte. Die Enge Kiels und dann Heikendorfs, der ich meine ganzes Leben lang ausgesetzt war, ließ ich hinter mir. Meine Familie war ohnehin nicht weltoffen gewesen und hatte mir keine Türen nach außen geöffnet. Ich erinnere, dass ich im Alter von etwas 15 Jahren die Gelegenheit bekam, als Austauschschüler nach England zu gehen. Meine Eltern lehnten dies aber ab, weil "der Tommy uns bombardiert hat". Die Werte und Gepflogenheiten der eigenen Familie standen im Mittelpunkt. Alles, was von außen eindringen wollte, wurde als fremdartig abgewehrt. Zweifellos spielten nach wie vor die Werte des Dritten Reiches eine große Rolle: Die Überlegenheit der eigenen Rasse und Kultur, dazu Ordnung, Sauberkeit, Disziplin und Gehorsam. Anregungen, sich mit anderen Kulturen oder Denkmustern auseinanderzusetzen, gab es nicht, genauso wenig wie Anregungen, sich mit Literatur zu beschäftigen. Allein zwei Erfahrungen brachten mich über diesen engen Horizont hinaus. Das eine waren die Naturwanderungen meiner Tante Käthi in der näheren Umgebung von Kiel. Da spielte immer ein Entdeckungsfaktor eine Rolle, als auch das Risiko, dass die Sache nicht so ausging wie geplant. Tante Käthi war darüberhinaus auch kulturell interessiert war, vor allem an Italien. Das andere waren die geistigen Exkursionen, wie sie in den Gesprächskreisen mit Peter Pott gestartet wurden. Da hörte man etwas von Nietzsche, las Camus und interessierte sich für gesellschaftliche Fragestellungen.

In Hamburg suchte ich mir eine Studentenzimmer und fand dieses bei einer echten Zimmervermieterin in Hamburg-Altona. Aus Stromersparnisgründen gab es nur 20-Watt-Birnen und für das Wochenende, das ich meistens in Heikendorf zu Hause verbrachte, fand sie noch andere Logiergäste für mein Zimmer. Die Verhälntisse waren nicht angenehm. Ich fühlte mich ein wenig einsam, zumal ich niemanden in Hamburg kannte und auch zu den Mitstudenten nicht in Kontakt kam. Wir stammten aus verschiedenen Welten. Genau genommen kannte ich aber doch eine Person, und das war die Schwester von Jens Franzen, Elke. Jens Franzen war jemand, der mich in der Anfangszeit der Pfadfinderei inspiriert und er mir viele Anregungen gegeben hatte. Er war derjenige der mir mit seinem Bericht von einer Norwegenfahrt die Sehnsucht eingepflanzt hatte. Seine Schwester Elke, Buchhändlerin von Beruf, machte mir in Hamburg einige Avancen. Allerdings erfolglos. Einerseits war sie in meinen Augen eine blutleere und etwas langweilige Person, andererseits hatte ich kein Interesse an Mädchen sondern mehr an anderen Dingen: Der Pfadfinderei und sicherlich auch am Männerbündischen.

Sex und geschlechtliche Beziehungen war etwas, das bisher noch von keiner Seite aus auf meine Tagesordnung gebracht wurde. Masturbation betrieb ich allerdings schon lange. Aber mehr hatte es kaum gegeben. In der 10. Klasse wechselseitige Masturbation mit einem Klassenkameraden namens Burmester (der später heiratete). Ein anderer namens Wolfgang Mierbach, der sich mir mit sexuellem Ansinnen näherte, wurde aus spontaner Angstreaktion zurückgewiesen. So verlief sich auch die Sache mit Elke Franzen bald im Sande. Sie hatte mich zu diesem und jenem eingeladen, aber ich hatte "keine Zeit" dafür.

Sehr früh hatte ich schon meinen Führerschein gemacht. Meine Eltern hatten Wert darauf gelegt. Es gehörte für sie zur Allgemeinbildung wie zum Beispiel schwimmen. Der Fahrlehrer war ein Crewkamerad meines Stiefvaters. Er hieß Hans-Jürgen Dobinski. Zahlen musste ich allerdings für den Führerschein selbst. Eine Anfrage bei meiner Mutter, ob ich einen Zuschuss erhalten könne, wurde bejaht: Sie gab mir einen Pfenning! Das habe ich nie vergessen, es symbolisierte gewissermaßen das, was ich von zu Hause erwarten konnte. Nun schaffte ich mein erstes Auto an. Es war ein gebrauchter VW-Käfer, er im Dienst meiner Heimreisen und meiner pfadfinderischen Aktivitäten stand.

9. Oktober 1964

Die Menschen arbeiten, leben, rennen, ärgern sich, nehmen alles todernst - bis sie eines Tages nicht mehr pusten können und von der Bildfläche verschwinden. Was haben sie geschafft? Es bleiben architektonische, sonstige Erbaulichkeiten und Produkte der Kunst zurück. Viele kluge Bücher und Schriftenhabensich angesammelt, die nur noch von weniger überschaut werden können. Welche Fortschritte wurden erzielt? Per Saldo keine. Die Technik wurde zum Verbündeten des Humanismus und gleichzeitig ihr gefährlichster Feind. Die Geschichte läuft in sich zurück, sie scheint nur vielförmige Bewegung ohne Ziel zu kennen. Alle drehen kräftig an diesem Rad der Geschichte, weil sie glauben, drehen zu müssen, sind emsig wie die Ameisen und glauben ein besseres Leben zu gewinnen und über diese Bemühungen vergessen sie das eigentliche Leben, vergessen sich und laufen wahnwitzig bis zur Erschöpfung im Kreise. - Ich muß mitlaufen,die Natur verlangt es von mir. Ich kann mich nicht als passiver Zuschauer auf einem Tribünenplatz niederlassen, doch hasse ich den hysterischen Tanz um das Goldene Kalb. Noch taste ich mit vorsichtigen Schritten, suche abseits von der Hauptstraße einen Weg. Wohin? Ich weiß es nicht. Ob ich es je wissen werde? Es gibt keinen letzten Schluß der menschlichen Weisheit.


23.10. Einzug bei Jochen Senft in Hoisdorf

Peter Pott hatte aufgrund seiner konzeptionellen Arbeit für die Pfadfinder einen Kontakt zu Jochen Senft, dem "Bundesfeldmeister", das heißt dem Bundesvorsitzenden des Bundes Deutscher Pfadfinder. Jochen Senft stammte aus Schleswig-Holstein. Er war evangelischer Jugendpastor von Beruf und hatte einen Job an der evangelischen Jugendbildungsstätte Hoisdorf bekommen. Hoisdorf liegt im Nordosten von Hamburg in der Nähe von Ahrensburg. Die Jugendbildungstätte liegt in einem großen Park, dem Park "Lichtensee". In Ihr lag auch die Dienstvilla von Jochen Senft, die er mit seiner Frau und einem kleinen Sohn bewohnte. Dort gab es viel Platz und auch ein nicht benötigtes Zimmer. Über Peter Pott bekam ich dieses Zimmer angeboten, und zwar ohne Miete zahlen zu müssen. So zog ich dann bei meiner Zimmerwirtin in Altona aus und in den Park Lichtensee. Dieser Wechsel war recht folgenreich. Zum einen war ich damit Hamburg entzogen mit allen seinen studentischen Erfahrungen und Verbindungen, die ich dort hätte eingehen können. Nach den Vorlesungen machte ich mich immer sogleich auf den Weg nach Hause, das war eine lange U-Bahn-Fahrt bis zur Endstation Großhansdorf, und dann anschließend musste ich noch ein Stück mit dem Fahrrad fahren. Niemals machte ich mich abends nochmal auf den Weg, um in Hamburg irgend eine Veranstaltung zu besuchen. Und Nachmittags, wenn ich mit der Hochschule fertig war, hielt mich nichts Hamburg. So lebte ich im Grunde genommen auf dem Lande, eingebettet in die familiäre Situation von Jochen Senft und seiner Frau Helga. Zum anderen hatte ich nun gewissermaßen einen gewaltigen pfadfinderischen Karrieresprung gemacht, direkt hinein in die Bundesführung. Zwar war das zunächst nur privat, aber Jochen wusste nach einer Weile meine Auffassungen zur pfadfindersichen Themen zu schätzen und wir vertieften uns mehr und mehr in solche Gespräche.

          25.10. Beteiligung der Pfadfinder an einer Ausstellung in der Ostseehalle

25.10. Oma gestorben

Der Tod meiner Großmutter hatte mich nicht sonderlich erschüttert. Ich war in Hamburg, weit weg, und mit vielen anderen Dingen beschäftigt. Mein Großvater, der tief betroffen war, regelte alles. Ich habe keine Einzelheiten von der Beerdigung in Erinnerung, weiß nicht einmal, ob ich überhaupt dabei war. Ich erinnere nur, dass wir an einem Tag nach ihrem Tod bei ihm im Wohnzimmer in der Holtenauer Str. 149 saßen. Ihm flossen ein paar Tränen. In der Tat erhielt er wenig familiäre Unterstützung, weder von mir noch von meiner Mutter. Wir hatten unsere eigenen Angelegenheiten.

8. November 1964

Welch ein Tag, welche Zeit! Langsam sah ich heute die Herbstblätter heruntersegeln. Die Luft stand unbeweglich und die Sonne löste den Reif auf, der auf dem feuchten Grasboden lag, derweil ich den Park Lichtensee, meine neue Heimat, durchstreifte. Jetzt höre ich schöne Musik aus den unteren Räumen des Hauses, neben mir steht meine Gitarre und vor mir liegt meine Lektüre: "Spiel als Weltsymbol". Wirklich, wie das Objekt eines Spieles bin ich plötzlich in das Haus Jochens, in diese gepflegte Umgegend verschlagen worden. Mit wirklicher Lust gehe ich an mein Studium, besser: an geistige Arbeit überhaupt heran, an die Bewältigung der Eindrücke, die mich in großer Zahl erreichen. Was gibt es schöneres? Was interessieren mich die begehrenswerten Gütet der Allgemeinheit? Ich fühle mich als Einsiedler, als Philosoph, der sich allerdings nicht in sein Winkelchen zurückzieht, sondern dann, wenn er will oder muß, das Instrument "Alltag" besser zu bedienen weiß als manch anderer. Deshalb mein Studium. Das mir dort vermittelte Wissen der Wirtschaftswissenschaften ist mir eine Sache, die ich souverän handhabe, als gut zu gebrauchendes, notwendiges Mittel.


          21.-22.11. Bei Tante Lieschen in Emden

          Bei Peter Pott - In Methorst Eidergaufest - LB-Pfadfinder angeboten
Man war auf mich aufmerksam geworden und bot mir das Amt des Landesbeauftragten für die Pfadfinderstufe auf Landesebene des Landes Schleswig-Holstein an. Damit wendete ich mich mehr und mehr von meinen pfadfinderischen Wurzeln in Kiel und Heikendorf ab.

 

10.12. Bei der Verleihung der Nobelpreise erhält der US-amerikanische Bürgerrechtler Martin Luther King (1929-1968) den Friedensnobelpreis für seine gewaltlosen Protestaktionen zur Erlangung der Gleichstellung der Schwarzen.



          15.12. Treffen mit Moritz von Engelhardt
Moritz von Engelhardt arbeitet hauptamtlich für den Bund Deutscher Pfadfinder und war die wichtigste Person im Hinblick auf die Neuausrichtung des Bundes. Mit Jochen Senft trat er für "zivilere" Pfadfinderei in. Weniger Waldläuferei, mehr Spiel, Musik und Kultur. Er sollte später der Nachfolger von Jochen Senft werden.

           19.12. Trupp Wenden aus Heikendorf selbständiger Stamm

16. Dezember 1964

Zweieinhalb Monate bin ich nun schon an der Akademie für Wirtschaft und Politik. Vom Stofflichen her gesehen gefällt sie mir sehr gut. Kontakt zu den Kommilitonen habe ich keinen. Zum Teil liegt das sicher daran, daß ich so weit entfernt wohne. Anderenteils kann ich wenig mit ihnen anfangen. Das übliche Geschnarre geht mir auf die Nerven. Wir haben uns nichts wesentliches zu sagen. So werde ich dort ein Einzelgänger - wie eh und je in solchen Gemeinschaften.

          23.12. Eidergautreffen
          Musisches Silvestertreffen in Hoisdorf

Fortsetzung zum nächsten Jahr

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